„Unsere Zeit kommt“

veröffentlicht 26.11.2023, Kirche im Evangelischen Dekanat Büdinger Land

Drei junge Ehrenamtliche – Franziska Linhart (26), Maria-Louise Seipel (29) und Lars Lehmann (31) – vertreten das Dekanat Büdinger Land auf der Kirchensynode der EKHN. Was treibt sie an?

Ab Mittwoch tagt in Frankfurt die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Vier Tage, 40 Tagesordnungspunkte - vom Reformprozess „ekhn2030“ über den Haushalt bis zu einer Solidaritätserklärung gegenüber jüdischen Menschen. Ein Sitzungsmarathon. Franziska Linhart (26), Maria-Louise Seipel (29) und Lars Lehmann (31) vertreten dort als ehrenamtliche Synodale das Evangelische Dekanat Büdinger Land. Die Herbsttagung vom 29. November bis zum 1. Dezember ist ihre vierte und „inzwischen haben wir uns in das Geschehen eingefunden“, sagt Franziska Linhart. Am Anfang allerdings hätten sie sich „ganz schön überfordert“ gefühlt, räumt Maria-Louise Seipel ein.

Den Altersschnitt des Trios aus dem Büdinger Land toppt kein anderes Dekanat. Auf ihre Jugend wollen die Drei trotzdem nicht reduziert werden. Schon lange sind sie mit der Institution Kirche verbunden. Franziska Linhart, Büroleiterin der Landtagsabgeordneten Lisa Gnadl und Studentin, ist Vorsitzende des Kuratoriums der Ehrenamtsakademie der EKHN und war außerdem neun Jahre Mitglied des Kirchenvorstandes ihrer Heimatgemeinde Rommelhausen. Maria-Louise Seipel, Doktorandin der Theologie, gehört dem Kirchenvorstand Gedern an und ist Mitglied im Dekanatssynodalvorstand. Schienenbahnfahrer Lars Lehmann kommt aus der kirchlichen Jugendarbeit, ist Jugenddelegierter in der Dekanatssynode und Sprecher der Propstei Oberhessen.

Reichlich Erfahrung in der kirchlichen Basisarbeit hatten sie also gesammelt, als sich im Mai 2022 in Frankfurt das EKHN-Parlament konstituierte und sie ihre Plätze unter den 120 Delegierten einnahmen. Und doch tat sich dort eine neue Welt auf. Inzwischen haben sie sich in die gewachsenen Strukturen der Synode reingefuchst.

Das beherrschende Kirchenthema „ekhn2030“ treibt auch sie um, jedoch mit einem nach vorn gerichteten Blick. Nicht nur Kirche verändere sich, findet Maria-Louise Seipel. „Wir erleben eine gesellschaftliche Transformation. Die Ortsbindung löst sich überall auf“, die Aktionsräume würden größer. „Vielleicht ist der Umgang damit eine Generationenfrage“, gibt Franziska Linhart zu bedenken, die Verständnis für die Verunsicherung hat. „Kirche ist eine Konstante im Leben vieler Menschen, die Sicherheit gibt. Wenn sich das ändert, ist das ein Einschnitt.“ Lars Lehmann hält es deshalb für unabdingbar, sich auf die Bedürfnisse der Menschen zu konzentrieren: „Wie können wir sparen, ohne mit dem Rasenmäher drüber zu gehen?“ In diesen Kontext gehöre auch die Frage, wie weit Kirche geht: „Halten wir am Grundprinzip der Nächstenliebe fest, wenn die Synode über die Mittelkürzungen für die Regionalen Diakonischen Werke zu entscheiden hat?“, so Lehmann.

 „Es sind die Ehrenamtlichen vor Ort, die Kirche verändern“, sagt Franziska Linhart. „Aber die fühlen sich gerade nicht als Gestalter, sondern als Ausführende von Entscheidungen, die von der Synode oder der Kirchenverwaltung in Darmstadt getroffen werden.“ Als Kuratoriumsvorsitzende der Ehrenamtsakademie sieht sie sich in der Rolle der Werbenden: die Chancen des Reformprozesses sichtbar machen und die Menschen ermutigen, neue Wege zu gehen. Schließlich habe die EKHN sich Basisdemokratie auf die Fahne geschrieben. Beständig sei allein der Wandel.

Enttäuschend war für alle drei die Entscheidung der Frühjahrssynode, die Jugendbildungsstätte Kloster Höchst zum Jahresende zu schließen – trotz der Initiative der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau (EJHN), die nicht nur eine Kampagne „Jugend braucht Räume“ gestartet, sondern auch ein Konzept zur Finanzierung ausgearbeitet hatte. Und trotz des Plazets der Kirchenleitung. Nach der Abstimmung habe der Flur vor der Tagungsstätte voll gestanden mit weinenden jungen Menschen. Da frage man sich schon, wie ernst es der Synode mit der Jugend sei.

Weit über 50 Drucksachen haben die Delegierten vor der Tagung erhalten. Selbst beim besten Willen: Man schafft nicht alle, um sich vorzubereiten. Deshalb seien die Vorab-Treffen im Dekanat und in der Propstei hilfreich, lobt Lars Lehmann. „Die besten Gespräche während der Synode führt man ohnehin vor dem Saal.“ Dabei lerne man spannende Menschen kennen, knüpfe Netzwerke und fülle die eine oder andere Wissenslücke.

Maria-Louise Seipel denkt ähnlich. Sie habe nicht den Eindruck, auf einer Synodentagung unmittelbar etwas bewirken zu können, „aber wenn man sich dort mit jungen Menschen unterhält, stimmt einen das optimistisch für die Zukunft. Ich bin mir sicher: Unsere Zeit kommt“. (jub)

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Die Kirchensynode: Die Synode ist gemäß der Kirchenordnung das höchste und „maßgebende Organ“ der EKHN. Sie erlässt Gesetze, besetzt durch Wahl wichtige Leitungsämter, beschließt den Haushalt und trifft wichtige kirchenpolitische Entscheidungen. Anteilsmäßig überwiegen in der Synode die Ehrenamtlichen. Zu mindestens zwei Dritteln setzt sich die Synode aus Gemeindemitgliedern zusammen, ein Drittel sind hauptamtliche Pfarrerinnen und Pfarrer. Gewählt werden die Kirchensynodalen von den Dekanatssynoden. Der aktuellen Synode gehören insgesamt 120 Mitglieder an.

Renate Schubert vertritt als Pfarrerin das Büdinger Land. Die Gemeindepfarrerin von Rommelhausen und Hainchen pflegt einen guten Draht zu ihren drei ehrenamtlichen Synoden-Kollegen. „Zwischen uns herrscht eine gute Stimmung, die Mischung aus jung und erfahren stimmt“, sagt Renate Schubert. Dass die Dekanatssynode ausschließlich junge Delegierte